Weltmeisterschaften

2023

Meine zweiten Weltmeisterschaften. Ich habe mich sehr drauf gefreut, nicht nur weil in Budapest ein komplett neues Stadion gebaut wurde und die WM der erste Wettkampf sein soll, der dort ausgetragen wird, sondern auch weil ich schon eine PB diese Saison aufgestellt habe und wusste, da geht noch mehr! Ich wollte in Budapest einen Wettkampf abliefern, bei dem ich sagen kann, ich wusste doch da geht noch was! Und es ging noch was… aber fangen wir von vorne an.
Das Precamp lief sehr gut, die letzten Vorbereitungen bevor wir nach Budapest geflogen sind, waren abgeschlossen und zufriedenstellend. In Budapest angekommen hat uns die brütende Hitze begrüßt. Da wir ein paar Tage vor Wettkampfbeginn anreisten hatten wir auch Zeit uns dran zu gewöhnen. Doch der erste Wettkampftag startete mit Dauerregen anstatt mit Hitze und unser Start wurde um 1h nachhinten verlegt. Aber das sollte kein Problem darstellen.
Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, wie wir zum Start geführt wurden aber kurz am Ausgang der Katakomben warten mussten die 4x400m Mixed Staffel lief. Es war 10:00 morgens und das Stadion war fast komplett voll und hat gebebt. Das Publikum war so laut und euphorisch, dass ich bei diesem Anblick Gänsehaut bekommen habe und realisieren konnte, dass ich hier in wenigen Minuten bei genau dieser Atmosphäre, mit den besten der Besten laufen darf. Das hat mir unglaublich viel Vorfreude und Euphorie für die 100m Hürden gegeben. Ich konnte mit 13,58 laufen. Eine solide Zeit und guter Start in den Siebenkampf. Der Hochsprung war einfach beflügelnd und ich konnte mit 1,86m nicht nur eine persönliche Bestleistung aufstellen, sondern auch den Hochsprung höhengleich mit Katarina Johnson-Thompson gewinnen. 
Nach einer kleinen Mittagspause ging es in der Abendsession dann zum Kugelstoßen. Das Warm-Up lief gut, doch diese Disziplin entwickelte sich zu einem wahren Krimi. Schlechter erster Versuch, den ich ungültig gemacht habe. Ebenso schlechter zweiter Versuch, um die 12m. Nicht mein Anspruch. Alles hing nun am 3. Versuch. Ich musste die Nerven behalten, um im Wettkampf zu bleiben. Ich brauchte eine Weite über 13m. Mindestens. Ich hab mich in den Kugelstoßring gestellt und konnte mich dann mit meinem 3. Besten Stoß jemals auf 13,97m steigern. Die 200m am Ende des Tages waren der krönende Abschluss. Es war kein leichter Lauf, die Beine waren gezeichnet vom langen Tag und auch der Kopf war schon müde. Doch mit 23,88s konnte ich auch hier ein sehr solides Ergebnis erzielen und lag nach dem ersten Tag auf Platz 5 und Bestleistungskurs.
Die Nacht war kurz. Sehr kurz und leider auch nicht sehr erholsam. Ich habe versucht die müden Beine zu ignorieren und mir einzureden, dass ich fit bin. Doch leider musste ich beim Weitsprung ein paar Federn lassen, die kurze Nacht hat ihren Tribut gezollt und ich konnte mit einer Weite von 6,10m nicht ganz an die Leistungen vom ersten Tag anknüpfen. Ein großer Ausfall war es jedoch auch nicht. Also hieß es, Kopf nicht hängen lassen und vorbereiten für den Speerwurf. Die Hitze stand mittlerweile im Stadion und die erste Herausforderung bestand schon darin, sich irgendwie kühl zu halten. Der Schatten war nur dürftig gegeben und die Hitze hat sehr viel an Kraft geraubt. Ich wollte 50m werfen, kam mit 48,51 nah dran aber konnte meine Zielstellung leider nicht ganz erfüllen. Immer noch auf Platz 5 liegend ging es nun in die mehrstündige und nervenaufreibende Pause vor der letzten Disziplin. Von Stunde zu Stunde schwanden die Kräfte mehr und ich war in einem Zwiespalt zwischen, ich will unbedingt laufen und es hinter mich bringen und ich möchte am liebsten gar nicht mehr laufen und jetzt fertig sein, gefangen. 
Für die 800m habe ich mir vorgenommen 2:15 zu laufen. Das hätte für die direkte Olympiaqualifikation, vermutlich einen 5. Platz und Bestleistung gereicht. Der Lauf hat sich gut angefühlt, taktisch besser als jeder andere dieses Jahr. Bis 600m war ich voll in der Zeit, doch auf den letzten 200m hat mir der Endspurt gefehlt. Die zwei langen, heißen Tage haben sich abgezeichnet und ich kam nach 2:18,03 ins Ziel. 6438 Punkte und Platz 7. Und ich war überglücklich. Ich wusste nicht, wie sehr ich dieses Ergebnis gebraucht habe, um mit der vergangenen WM abzuschließen, bis ich meinen Namen auf der Videowall unter den Top 8 gesehen habe. Vielleicht wäre eine Medaille, mit einem besseren Weitsprung, zum Greifen nah gewesen. Wer weiß das schon. Aber genau das ist eben Mehrkampf. Man hat keine Garantie, dass alles perfekt läuft. Umso glücklicher bin ich, dass vieles nahezu perfekt war und ich meinen ersten WM -Siebenkampf ins Ziel bringen konnte.

Next Stop: Decastar Meeting in Talence - letzter Wettkampf der Sommersaison 2023